Veröffentlicht: 29.11.2021
So, hier kommt jetzt die etwas nüchternere Version des Beitrags zur Impfsolidarität – wie versprochen:
Mit einigem Erstaunen – manchmal sogar Entsetzen – verfolge ich derzeit die Diskussionen um die Impfpflicht. Meine Grundposition ist, mich nicht impfen zu lassen, und möchte im Folgenden darstellen, warum.
Ich bin davon überzeugt, dass es – neben dem schulmedizinischen Weg – einen zweiten Weg gibt, um hoffentlich dasselbe Ziel zu erreichen: Gesund bleiben oder gesund werden.
Ich respektiere den schulmedizinischen Weg und die Arbeit des medizinischen Personals ganz explizit! Ich bin mir auch sehr bewusst welche Leistung von den Personen in diesem Bereich – v.a. derzeit – erbracht wird (meine Ex-Frau ist Medizinerin). Ich bin auch nicht wissenschafts- oder technologiefeindlich. Ich bin Dipl.-Ing. und Mitarbeiter eines großen Optikkonzerns – da käme ich mit Technologie- oder Wissenschaftsfeindlichkeit nicht weit. Und ich habe keinerlei Neigungen zu den wirren Ansichten irgendwelcher Verschwörungstheoretiker oder selbsterklärter Querdenker (schade übrigens, dass dieses Klientel den ansonsten so wunderbaren Begriff damit für lange Zeit verbrannt hat).
Ich komme gesundheitlich von der anderen Seite: Ich tue seit vielen Jahren alles mir Mögliche, um nicht erst krank zu werden.
Und das dieser Weg auch zur Gesundheit führt, ist – nach allem was ich weiß – ebenso gut wissenschaftlich belegt, wie viele der anerkannten Therapien, die im Krankheitsfall angewendet werden. Diese Wissenschaftler legen auch völlig zurecht Wert darauf, dass Ihre Forschungsergebnisse ernst genommen werden. Und: Bislang bestätigt meine Krankenakte diesen Weg. Ich höre von meiner Krankenversicherung in aller Regel nur zweimal im Jahr: Wenn es um die in (un)schöner Regelmäßigkeit anstehenden Beitragserhöhungen geht, oder die ebenso regelmäßige Rückzahlung, weil ich sie nicht in Anspruch genommen habe.
Ich behaupte, dass ich auf Basis dessen, was meine Messwerte und meine körperliche Leistungsfähigkeit so hergeben, gesund bin: Gewicht, Körperfett, Blutdruck, Ruhe-HF, HRV, Blutbild, Leistungs-EKG etc. Wobei ich bei Blutbild und Leistungs-EKG nicht immer ganz konsequent in der Wiederholung bin. Da gelobe ich Besserung. Ich bin mir auch wohl bewusst, dass „Gesundheit“ ein sehr dehnbarer Begriff ist.
Derzeit bedeutet für mich „gesundes Leben“:
- Zu 99.9% vegane Ernährung (die 0.1% sind Honig und selten mal ein Milchkaffee 😉), Bio-Lebensmittel, überwiegend unverarbeitet und „natürlich“ kein Alkohol, Zigaretten etc.
- Bewegung: Ich bin Triathlet und bewege mich ansonsten auch im Alltag unmotorisiert
- „Mentale und soziale“ Gesundheit: Ich versuche ein möglichst ausgeglichenes Leben mit Familie, Freunden und Job zu realisieren
Das funktioniert natürlich nicht immer alles zu 100%. Das Leben ist halt wie der Triathlon ein Fehlervermeidungssport ohne Garantie auf Erfolg.
Was mich an der derzeitigen Debatte stört ist die Tatsache, dass der Erkenntnis keinerlei Beachtung geschenkt wird, dass gesunde Personen zum pandemischen Geschehen im Hinblick auf Hospitalisierung, Aufnahme in eine Intensivstation, Tod, wenig beitragen. Und ich finde es erstaunlich, dass u.U. deutlich vorerkrankten Personen durch die Impfung attestiert wird, damit alles Menschenmögliche für ihre Gesundheit getan zu haben. Mir wird das bei Corona ganz eindeutig abgesprochen. Ganz abgesehen davon, dass ich mit meiner Lebensführung für keine der bekannten Zivilisationskrankheiten auch nur ansatzweise in eine Risikogruppe gehöre. Und damit sorge ich weitestgehend dafür, dass ich nicht einer derjenigen Patienten werde, die eines der 75% belegter Intensivbetten in Anspruch nehme, die auch ohne Corona belegt sind.
Und wie steht es mit meinem Verhalten im Rahmen der Pandemie? Stefan Weil – mein Ministerpräsident – hat von vernünftigen und unvernünftigen Verhalten gesprochen. Natürlich im Hinblick auf geimpft und ungeimpft. Ich nehme für mich in Anspruch, mich auch ungeimpft innerhalb der Pandemie – also im Hinblick auf die Verbreitung des Virus – vernünftig zu verhalten. Man könnte kurz und knapp sagen:
Ich verhalte mich wie eine Person, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden kann.
D.h.: Ich meide konsequent Veranstaltungen jeder Art und Größe, wenn nötig lasse ich mich zuvor testen und trage ansonsten Maske. Ja, auch das funktioniert nicht immer zu 100%. Aber ich vermute, dass Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können auch nicht immer die 100% hinbekommen. Ich frage mich, ob mein Verhalten tatsächlich unvernünftiger, unsolidarischer, asozialer ist, weil mir die Impfung fehlt, im Vergleich zu geimpften Personen die Karneval feiern, die Fußballstadien bevölkern etc. Mir ist natürlich der Wunsch dieser Personen klar und verständlich, allerdings fehlt mir die Möglichkeit, das Verhalten dieser Personen als vernünftig zu akzeptieren, nur weil zuvor eine Impfung erfolgt ist. Und im Gegensatz dazu zählt meine Zurückhaltung wieder nicht, weil ich eben nicht geimpft bin.
Und ja: Ich gebe zu, dass es mich ärgert, dass bei all den Maßnahmen die ich für mich – und andere – ergriffen habe, dieser Weg nicht anerkannt wird – ganz im Gegenteil. Ist es wirklich so, dass ich – trotz aller gesundheitserhaltender Maßnahmen – ein größeres Risiko hospitalisiert zu werden und mehr zur Verbreitung des Virus beitrage, als ein u.U. vorerkrankter Geimpfter, der die Impfung als Generalamnestie für Alles interpretiert? Und der sich „natürlich“ weiterhin nicht um seine Gesundheit kümmert und daneben das Virus noch munter verbreitet?
Ich will eigentlich nicht akzeptieren, dass ich mich - neben allen Anstrengungen – gegen meine Überzeugung impfen lassen soll, um quasi das letzte Prozent herauszuholen, während andere noch nicht einmal bereit sind ein Minimum FÜR ihre Gesundheit zu tun, sondern nur das Minimum GEGEN ein Virus.
Noch einmal zur Verdeutlichung: Meine derzeitigen Überlegungen drehen sich nicht um die Frage, ob ich mich impfen lassen soll oder nicht, sondern ob ich mir – vor dem Hintergrund aller beschriebenen Maßnahmen und meinem Verhalten – den Vorwurf „unvernünftig, unsolidarisch, asozial,…“ etc. zu Recht gefallen lassen muss. Immer natürlich auch unter Berücksichtigung der Maßnahmen und dem Verhalten geimpfter Personen im Hinblick auf ihre persönliche Gesundheit und die Gesundheit anderer. Da ist für mich derzeit noch viel Luft nach oben.
Dass für mich persönlich ein Restrisiko besteht ist mir bewusst. Das ist aber eine Entscheidung, die ich gerne selbst treffen möchte – und meiner Meinung nach auch kann. Da will ich eigentlich nicht, dass Leute darüber entscheiden, deren Gesundheitsverständnis ich persönlich für lebensgefährlich halte - und das es in vielen Fällen auch ist.
Ich würde mir ein differenzierteres Vorgehen wünschen – mit einem Bündel an Maßnahmen – wie auch immer das dann im Detail aussehen mag. Aber nicht ein Vorgehen, dass keinen Plan B beinhaltet, und bei dem mit jeder noch so kleinen Aktion zum Ausdruck kommt – oder explizit gesagt wird: „Die Pandemie ist vorbei, wer sich hat impfen lassen, hat nichts mehr mit der Pandemie zu tun und ansonsten sind an Allem was jetzt noch passiert ausschließlich die Personen schuld, die noch nicht geimpft sind“. Das ist mir zu primitiv und macht mir ehrlich gesagt ein gutes Stück weit Angst.
Nachtrag:
Ich habe neben allem Anderen das wirklich ungute Gefühl, dass die derzeitige Holzhammer-Methode einfach jeden zu impfen - auch die, bei denen es medizinisch nicht nötig wäre - großes Potential hat zum Bummerang zu werden. Das wäre doch wirklich kein neues Phänomen.
Begründen kann ich das aber nicht – schon gar nicht medizinisch fundiert. Daher verwende ich das üblicherweise auch nicht in meiner Argumentation, wollte aber trotzdem vorsichtig darauf hinweisen.